Die Schule hat begonnen

Wir hatten Stromausfall und das Netz war ganze drei Tage nicht verfügbar. Seit gestern läuft es wieder. Ich war zwischenzeitlich in der Schule, um für acht Kinder das Geld für das Hostal für die nächsten drei Monate zu bezahlen. Das Hostal ist ein Internat für Kinder, die von außerhalb kommen und einen zu langen Schulweg haben. Hier können sie wohnen und werden verpflegt. Von den 85 gelisteten Schülern, die zum Essen hierher kommen dürfen, werden momentan noch 16 Kinder von dem Verein Kaokoland besonders unterstützt. Voraussetzung dafür ist, dass ihre schulischen Leistungen im ersten Drittel ihrer jeweiligen Schulklasse liegen. Für diese Kinder, die sowohl leistungswillig als auch leistungsfähig sind, schafft der Verein die besten Voraussetzungen, indem das Schulgeld, die Schuluniform und alle acht Wochen sämtliche Hygieneartikel und Schulmaterialien gezahlt werden. Damit wird ein zusätzlicher Anreiz zur Bildung geschaffen.

Diese Aktion mit dem Bezahlen am Montagmorgen hat mich mal wieder zur Weißglut gebracht. Ich war die allererste, die dort war – und trotzdem war ich plötzlich ganz am Ende der Reihe. Keiner hat mir gesagt, dass ich mich in der Schulklasse anstellen muss. Darum habe ich vor der Tür gewartet und als es dann losging war ich die Letzte. Natürlich ging es auch nicht um 8 Uhr los, sondern um halb 11. Um halb 11 kamen die Lehrer und fertigten eine Stunde lang Listen an. Zusammen mit mir waren noch ca. 40 andere „Eltern“ oder „Caregiver“ dort. Es war eine bunte Mischung aus Himbas, Sembas, normal gekleideten Leuten aus dem Dorf. Jeder hat gesehen, dass ich vor allen anderen da war und trotzdem hat mich niemand vorgelassen. Mir ist dann echt der Kragen geplatzt und ich habe beim Direktor „gepetzt“. Dann wurde ich möglichst unauffällig dazwischen gemogelt. Einige der Wartenden machten abfällige Bemerkungen über mich, aber das war mir egal. Ich war um halb 2 fertig, das ganze ging noch bis abends. Die Leute im Dorf ignorieren mich größtenteils. Sie sind nicht besonders freundlich aber auch nicht böse zu mir. Ich bin ihnen egal. Die Kinder sind toll. Sie schreien mir schon von weitem ein „Hello Miss Silla“ entgegen und strahlen mich an.

Man muss hier echt Nerven haben. Dafür bewundere ich Gisela und Andreas jeden Tag aufs Neue. Am Wochenende hat hier ein großes Meeting mit verschiedenen Ministern und Hiba-Chiefs stattgefunden. Es geht um den Bau des Staudamms bei den Epupa Fällen. Sollte das genehmigt werden, wird es die Epupa Fälle bald nicht mehr geben. Stattdessen gibt es dort dann einen Stausee. Es wird gemunkelt, dass der Netzausfall vor diesem Hintergrund wohl nicht ganz zufällig stattgefunden hat.

In den nächsten Tagen werde ich dann mal beim Unterricht dabei sein, wenn man mich lässt. Ich werde darüber berichten. Bis dahin viele liebe Grüße aus Okangwati und bis bald!

Silke Fischer